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Projektbeschreibung

Das Projekt wurde vom Komponisten Rudolf Lutz und der Leiterin der Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden (KBAR), Heidi Eisenhut, mit dem Ziel initiiert, das archivierte Quellen- und Notenmaterial von Johann Heinrich Tobler diplomatisch zu transkribieren und  daraus digitale Leseditionen zu erstellen. Die Stimmdrucke sollen dabei in eine Partitur-Anordnung gebracht werden, wie es in der heutigen Chorgesangpraxis üblich ist. Durch das Erstellen und Veröffentlichen von digitalem Notenmaterial auf der Basis der originalen Stimmdrucke wird der interessierten Öffentlichkeit ein besserer Zugang zu den Liedern ermöglicht. Das vollständige Œuvre von Johann Heinrich Tobler sollte freigegeben werden, um auch bisher unbekannte Lieder zu entdecken. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Noten- und Textmaterial ermöglichte einen tiefen Einblick in historische Notierungskonventionen und in die Eigenart des appenzellischen Volksgesangs Anfangs des 19. Jahrhunderts.

Die Transkriptions- und Editionsarbeit aller 178 Lieder kann in drei je in sich geschlossene umfangreiche Phasen eingeteilt werden:

Die erste Transkriptionsphase umfasste eine diplomatische Umschrift von den Originalquellen in ein Notationsprogramm. Dabei wurde versucht, dem ursprünglichen Noten- und Liedtext bei der quellen-kritischen Übertragung anhand von genau definierten Editions-richtlinien so treu wie möglich zu bleiben. Die erstellten diplomatischen Fassungen wurden in der zweiten Phase anhand von zwei Korrektur-durchgängen überprüft. Bei der Erstellung von Lesditionen in der dritten Phase fand zusätzlich ein Dialog zwischen den diplomatischen Befunden und der gegenwärtigen Aufführungspraxis statt. Auf der Basis dieses Austausches mit verschiedenen Chorleiter:innen und Sänger:innen wurde eine digitale, historisch-kritische Editions-ausgabe erstellt, die nach bestimmten Kriterien geordnet wurde.

Die musikwissenschaftliche Editionstechnik hat in den letzten Jahrzehnten bedeutende Fortschritte gemacht, besonders im Bereich der digitalen Editionen. Das historische Quellenmaterial wurde mit dem heutigen Stand der musikwissenschaftlichen Editionsphilologie und dem gegenwärtigen Verhältnis zur Volkskunst herausgegeben, wodurch an den Kompositionen keine satztechnischen Korrekturen oder unkritische Veränderungen vorgenommen wurde. Durch die Transkriptions- und Editionsarbeit der Lieder soll ein Beitrag zur Schnittstelle zwischen Praxis und Theorie geleistet werden, durch welche Kompromisse zwischen Wissenschaftsanspruch (quellenkritische Forschung und Ermittlung) und Praxisnähe (Vermittlung) gefunden werden müssen.

 

Stand: 29.08.2021, Änderungen vorbehalten